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»Klar. Sie haben meinen Namen bei ihm gefunden. Aber es
war keine große Sache. Zehn Minuten Routinefragen, danke für
die Hilfe  das war s.«
»Dann vergiss es doch.«
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»Es geht um diese Bishop. Sie hat mich gelinkt. Bei ihr sah es
so aus, als wäre ich irgendwie beteiligt. Sie ist unaufrichtig und
rücksichtslos. Und heute Abend sieht jeder in Boston das
dämliche Interview und fragt sich, warum der Junge mich so
dringend sprechen wollte.« Sie überquerten den Square und
blieben einen Moment lang unter der Markise des
Universitätstheaters stehen. Brennan steckte sich eine Zigarette
an, sog daran und hustete. Chandler war noch immer in Fahrt:
»Die Frau hat was Destruktives. Manche Frauen können einfach
nicht anders. Das liegt in ihrer Natur.«
»Ja, ja«, brummte Brennan. Er hatte zwei Ehen überlebt: die
erste mit einer englischen Schauspielerin, die nächste mit einer
Schönen aus Charlottesville. »Hast du Robin und Marian
gesehen?«
»Audrey Hepburn«, meinte Chandler genervt. »Ich weiß, ich
weiß & «
»Eine Frau wie die hätte bei mir jede Menge Kredit. Sie ist
zäh, unabhängig, intelligent und schön  «
»Wer sagt, dass sie intelligent ist?«
»Herrgott, das sieht man doch! Sie macht einen guten
Eindruck, und sie verdient gut, wie meine verehrte irische
Mutter gesagt hätte  gesagt hat, in Bezug auf meine
unsterbliche erste Frau Brenda, den Star.« Er knuffte Chandler
in den Arm. »Lass dich nicht von ihr kleinkriegen. Kopf hoch!«
Chandler zuckte frustriert die Achseln.
»Komm«, sagte Brennan, »wir gehen zu Chez Dreyfus essen
und einen trinken. Das richtet dich wieder auf. Ich erzähl dir
einen neuen Witz.«
»Nein. Ich bin nicht in Stimmung. Ich nehm mir zu Hause den
Playboy vor und geh dann ins Bett.« Chandler seufzte und
starrte in den Dauerregen, der mit zunehmender Dunkelheit
heftiger wurde. »Übrigens schreibe ich neuerdings auch für den
Playboy.«
»Solange du nicht posierst & «
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»Nein, ich habe einen Auftrag angenommen, für einen Artikel
& : Die echte amerikanische Revolution9 ist der Arbeitstitel.
Dubiose Wissenschaft zwischen Titten und Schamhaar.«
»Prominente Akademiker sind mir ein Gräuel«, erklärte
Brennan. Sie gingen an der Kirche um die Ecke und drängelten
sich auf dem Weg ins Restaurant unter dem Schirm.
»Weißt du«, sagte Chandler, »ich wäre gern da gewesen, als er
in mein Büro kam. Es geht mir nicht aus dem Kopf. Er hat letzte
Woche was gesagt, aber ich kann mich nicht genau erinnern.
Nichts Großartiges. Aber er ist nach der Vorlesung zu mir
gekommen. Er hat mich durch seine Hippie-Brille angeguckt
und gesagt, er wolle mir was zeigen. Er war ziemlich
zurückhaltend. Er sagte  warte mal  er sagte, ich würde es
nicht glauben, aber er brauchte eine Verifizierung.« Er hielt inne
und biss sich auf die Unterlippe.
»Stimmt. Er wollte, dass ich etwas begutachte. Hugh, das ist
komisch. Was hätte ich dem Jungen begutachten sollen?«
»Vielleicht ein Dokument? Irgendwas Historisches?«
»Etwas Altes  oder etwas von zweifelhafter Herkunft &
eventuell eine Fälschung? Herrgott, es ist richtig unheimlich,
dass ich mich jetzt daran erinnere.«
»Polly Bishop ist also doch nicht so dumm, mein Lieber. Sie
meinte, du wüsstest etwas, und das stimmt.«
»Aber mit dem Mord hat es nichts zu tun & «
»Wer weiß?«
Vor dem Chez Dreyfus sagte Brennan zu ihm: »Lass dich
aufheitern.«
»Du erzählst mir einen Witz.«
»Ein Professor für Englisch stürzt sich mit drei seiner
Examenskandidaten ins Nachtleben. Sie sehen vor sich leichte
Mädchen  Huren, im Klartext. Der Professor stellt eine Frage:
Eine Ansammlung von Gänsen ist eine Gänseschar, eine
Ansammlung von Löwen ein Rudel, eine Ansammlung von
Schafen eine Herde. Was ist dann der Terminus für eine Gruppe
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von leichten Mädchen? Die Jungen sind helle und geübt im
Umgang mit literarischen Fachbegriffen. Sie geben flotte
Antworten. Der erste schüttelt den Kopf und fasst sich ans Kinn:
: Eine Materialsammlung.9 Nicht schlecht! Aber Nummer zwei
übertrifft ihn mit: : Eine Kollektion.9 Der dritte hört die
Vorgaben und verkündet triumphierend: : Eine Kompilation!9
Der Professor muss sie loben. Sie haben Old Harvards Ehre
gerettet, doch keiner hat die richtige Antwort gegeben. Für
Studenten der englischen Literatur gibt es nur eine einzige
Antwort, nämlich  «
»Eine Anthologie«, sagte Chandler. Seine Laune wurde besser.
Er musste lachen. Brennans Miene verdüsterte sich.
»Du hast ihn gekannt. Ich hab ihn schon mal erzählt.«
»Nein, nein. Es war eine Eingebung.«
»Erzähl keine Märchen. Jemand hat s dir erzählt & «
Chandler winkte ihm zu, während er allein weiterging. In dem
kleinen Supermarkt an der Ecke Brattle Street deckte er sich mit
Kaffee und Brie und einem frischem Krustenbrot ein.
Doch eines ging ihm die ganze Zeit nicht aus dem Kopf: Was
mochte es gewesen sein, das er für Bill Davis hätte verifizieren
sollen?
Selbst nach einem lausigen Tag fand Chandler abends
Geborgenheit und Freude in seinen vier Wänden, unter all den
Dingen, die er im Laufe seines Lebens zusammengetragen hatte.
Seine Veröffentlichungen und sein gut bezahlter Job an der
Harvard-Universität brachten ihm eine gute Stange Geld. Eines
seiner Bücher war sogar unter den Bestsellern des Monats
gewesen. Er hatte nie anderswo als in Harvard gelehrt; mit
achtzehn hatte er dort zu studieren begonnen und war nach dem
Studium geblieben. Klar, es war ein behütetes Leben, aber
genau so hatte er es sich vorgestellt. Der Ehe war er zwar
gelegentlich ziemlich nahe gekommen, aber so ganz hatte es nie
gereicht. Das ließ ihn kalt, und er dachte nicht darüber nach:
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Entweder würde er heiraten  oder eben nicht. Im Augenblick
gab es keine Favoritin in seinem Leben. Egal. Er verschwendete
keinen Gedanken daran.
Weil er der Meinung war, einen Leckerbissen verdient zu
haben, hatte er sich eine Pizza mit Pepperoni, Champignons und
Anchovis ins Haus bestellt, die nun zerfleddert auf dem
Beistelltisch vor seinem bequemen, dick gepolsterten Sessel lag.
Die Schonbezüge auf den Armlehnen wurden fadenscheinig,
doch es war sehr unwahrscheinlich, dass sie in absehbarer Zeit
ersetzt würden. In seiner voll gestopften Bibliothek, wo er die
meiste Zeit verbrachte, stand ein Schwarzweißfernseher aus der
Zeit der McCarthy-Ära, außerdem fanden sich da ein paar Farne,
die seit fünf Jahren dahinsiechten, ein offener Kamin, aus
Ziegelsteinen gebaut und mit schwärzlicher Asche, und eine
imposante Nachbildung von Houdons Washington-Büste. Trotz
allem war es ein ordentliches Zimmer  so ordentlich wie das
ganze Haus, das er fünfzehn Jahre zuvor gekauft hatte.
Er reckte sich genüsslich und ging in die blitzsaubere Küche,
wo er sich aus seiner Kaffeemaschine eine frische Tasse
eingoss. Er verwendete nur selbst gemahlenen Kaffee. Dann
setzte er sich wieder in die Bibliothek. Zwei leere Bierdosen, die
er dort vorfand, warf er in den Papierkorb. Sein Leben gefiel
ihm. Gut, er war Junggeselle  war vielleicht dazu geworden,
ohne viel darüber nachzudenken.
Schluckweise trank er den dampfenden Kaffee und sah dabei
dummerweise auf die Uhr. Mist! Zeit für die Spätnachrichten &
Um sechs hatte er dem Impuls widerstanden, Polly Bishops
Sendung zu sehen. Nun wurde er schwach. Er stand seufzend
auf und schaltete den Fernseher ein, dem die Worte
»Transistoren« und »Farbe« fremd waren und der eine Ewigkeit
brauchte, um ans Laufen zu kommen.
Schemenhaft erschien der geföhnte Moderator, wurde klarer
und lächelte salbungsvoll. »Nun unterhält sich Polly Bishop mit
dem Harvard-Historiker, der vielleicht der Letzte war, der Bill
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Davis lebend gesehen hat.« Nach einigen Minuten Werbung
kam Polly Bishop ins Bild: kompetent und seriös, eine
hervorragende Medienpräsenz (das musste er ihr zugestehen),
die sich über den ehrwürdigen alten Harvard Yard und den
bekannten Harvard-Professor ausließ &
Mein Gott, sah er verärgert aus und unsagbar arrogant und
bieder! Es störte Chandler, sich als schnoddrigen Spießer zu
erleben, der dieser schönen, seriösen Dame über den Mund fuhr, [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]

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