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Ebensogut hätte man sich in einem Aul einsperren können, in einem von diesen
georgischen Bergdörfern, wo die Menschen im
Schnitt hundert Jahre alt wurden. Vielleicht schienen sie auch
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nur hundert Jahre alt zu sein? Ja selbst jeder Tag hier auf Vulcan schien
hundert Jahre lang zu sein, wenn man nicht wegkam, nur weil einem irgendeine
widerliche Person vom KGB eine Nachricht zugesteckt hatte. Jeder konnte doch
eine Nachricht zugesteckt bekommen! Es war einfach nicht zivilisiert, jemanden
zu bestra-
fen, dessen einziges Vergehen darin bestanden hatte, von einem
Fremden ein Stück Papier entgegenzunehmen! Und das Ergebnis des Ganzen sah so
aus, daß er nun für die Dauer der Untersu-
chung auf diesem Schiff Hausarrest hatte, während selbst dieser
Marvin hier regelmäßig seinen Urlaubsschein bekam und an Land durfte. Wo er
mit diesen schmalen Fingern und glatten Wangen und den langen Augenbrauen
unter den Touristen zweifellos eine großartige Figur abgeben würde. »Gehen Sie
oft nach Waikiki?«
fragte Bor plötzlich.
Marvin behielt den Blick auf die Täfelchen gerichtet. »Was?«
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»Ich wette, daß man in Waikiki massenhaft Mösen aufreißen kann, was?« Marvin
musterte zum letzten Mal seine Steine, dann hob er den Blick und nahm den
Finger aus dem Mund. »Ich gehe nicht mehr nach Waikiki. Beim Flug dorthin kann
man leicht um-
kommen.«
»Ach ja, der Ärger mit dieser Fluggesellschaft«, meinte Bor nickend. Es war in
den Nachrichten gekommen. Diese merkwür-
digen Leute, die sich selbst Maui Mau-Mau nannten, hatten einen
Chefpiloten erschossen, als er aus seinem Haus gekommen war, und dieselben
Burschen hatten einen Molotowcocktail über den
Maschendrahtzaun gegen eine parkende DC-9 geworfen. Keiner der beiden
Anschläge hatte sonderlich viel Schaden angerichtet.
Das Benzin in dem Molotowcocktail hatte lediglich einige Koffer auf einem
Gepäckwagen versengt, und der Pilot hatte das Kran-
kenhaus mit einem bloßen Pflaster auf der Schulter verlassen können. Doch die
Mau-Mau hatten die Fluggesellschaft zum Kapu erklärt. Niemand wollte mit einer
Maschine fliegen, die mögli-
cherweise das Ziel eines Bombenanschlags werden könnte. Und so bluteten die
Besitzer der Fluggesellschaft mit jedem Flug mehr, als ihre Auslastquote erst
auf sechzig Prozent sank, dann auf vierzig, und nun immer noch weiter in den
Keller ging.
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Marvin war mit seiner Antwort noch nicht fertig. »Auf der gro-
ßen Insel gibt es ohnehin jede Menge Frauen«, fuhr er fort.
»Wenn man zu den Schwarzsandstränden hinübergeht, trifft man haufenweise
Touristinnen. Es ist nur schwer, einen Ort zu finden, wo man sie vögeln kann.
Um Kilauea ist es besser. Da gibt es auch jede Menge davon, und meistens haben
sie Wagen, in denen sie sich ficken lassen. Oder man kann hinunter in die
Schluchten, wo alles ganz schön und warm ist und wo niemand sehen kann, was
man macht, weil es wie ein Dschungel aussieht, verstehen Sie? Oder oben an den
Kona Hotels, da ist es am be-
sten. Nur daß sie dort meistens in Gruppen auftreten, und man-
che von den Bienen mögen es nicht, wenn die anderen sehen, daß sie es mit
einem Seemann treiben. Man kann aber auch die
Ostküste hoch, zu dem Canyon hinauf, wo es zig kleine Dörfer gibt. Manchmal
findet man da auch einheimische Mädchen, mit denen man sehr viel Spaß haben
kann. Oder Hippies. Die Hippies sind gut, die haben meistens Gras dabei. Wegen
Dope sollte man sonst eigentlich nach Maui gehen, wissen Sie, aber auf Big
Island gibt es auch sehr viel. Diese kleine Insel in der Bucht von Hilo, da
gibt es meistens ein paar Typen, die irgend etwas verkaufen.
Bienen gibt es dort auch, aber manche von denen haben Herpes oder sowas& «
»Sie ziehen«, erwiderte Bor nervös. Er stand auf, um einen dü-
steren Blick durch das Bullauge zu werfen. Draußen gab es nichts zu sehen
außer dem Motorboot, das irgend jemanden vom
Hubschrauberlandeplatz zum Unterkunftsschiff brachte. Bor war hauptsächlich
deshalb aufgestanden, weil er eine Erektion zu bekommen drohte. Zu bestimmten
anderen Zeiten hätte er nichts dagegen gehabt, wenn Marvin es bemerkt hätte.
Tatsäch-
lich war das oft der erste Schritt zu einer recht beglückenden
Begegnung, aber diese Art von Begegnung war es auch gewe-
sen, die ihn den Orden vom Roten Banner gekostet hatte und um ein Haar noch
sehr viel mehr. Bor erschauerte, als er daran dachte, wie knapp er einer
Einweisung ins Neuropsychiatrische
Institut von Moskau und damit einer viermal am Tag verabreich-
ten Dosis von jeweils 250 mg Haliperidol entgangen war als ob das etwas mit
der Art zu tun hätte, in der man seine Liebe kund-
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tun wollte!
Die Amerikaner taten so etwas zwar nicht, wenigstens nichts so
Drastisches, aber Bor wollte auch nicht aus erster Hand erfahren müssen, was
sie tatsächlich taten. Dieser Junge war es nicht wert. »Nun?« fragte er über
die Schulter gewandt.
»Ich bin fertig«, erwiderte Marvin. »Mal sehen. M-A-I-S, Mais, das gibt einen
doppelten Punkt für das M, doppelte Punktzahl für das Wort, und außerdem wird
aus dem das dadurch ein dass, so daß ich das auch bekomme& «
Die Erektion war verschwunden. Mürrisch setzte Bor sich wie-
der hin, um die Punkte des Seemanns aufzuschreiben. Und die nächsten, und die
übernächsten; und nach zehn Minuten hatte er, bei fünf Cents pro Punkt,
dreizehn Dollar verloren. So war er nicht traurig, als die Lautsprecheranlage
draußen im Gang zu rasseln und zu pfeifen begann und schließlich sagte:
Dr.
Arkady Bor. Dr. Arkady Bor. Auf Deck C, Zimmer 314 mel-
den. Ich wiederhole, Deck
C, Zimmer 314. Ende der Durchsage.
Er war nicht traurig, aber verärgert. Das Unterkunftsschiff war früher einmal
ein Kreuzfahrtschiff gewesen. Es gab noch immer in jeder Kabine ein Telefon.
Warum nicht einfach zum Telefon greifen, sondern diese Aufforderung über die
öffentliche Laut-
sprecheranlage verkündigen zu lassen? Und warum die ver-
dammte Kabinennummer angeben, um die Sache zu beschöni-
gen, wo doch jeder Mensch an Bord genau wußte, daß Deck C, Zimmer 314 das Büro
des Sicherheitsdienstes war.
»Wir spielen später noch etwas«, sagte er.
»Wollen Sie erst abrechnen?« fragte Marvin.
»O Gott, nein, ich darf die nicht warten lassen. Später, habe ich gesagt!«
Dafür ließen sie ihn warten. : Sie9 , das waren der Korvettenka-
pitän, der auch seinen Arrest angeordnet hatte, außerdem ein
Fremder, ein bleicher junger Zivilist in einem Rollkragenpullover,
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der für Hawaii doppelt so dick war, wie er hätte sein dürfen.
Niemand teilte Bor den Namen des jungen Mannes mit. Wie er so im winzigen Büro
des Verwaltungsunteroffiziers saß und dar-
auf wartete, dazu eingeladen zu werden, sich ihnen nach ihrem
Privatgespräch anzuschließen, flackerte in Bor kurz die Hoffnung auf, daß sie
ihm die Wiedererlangung aller seiner Privilegien mit-
teilen wollten. Doch soviel Glück hatte er nicht. Kaum kam Bor herein, als der
Zivilist fragte: »Sie sind Arkady Borboratschwili?«
»Natürlich«, erwiderte Bor. Er bemerkte, daß der Korvettenka-
pitän den Mund hielt und den Blick auf ein Tonbandgerät gehef-
tet hatte. Die Spulen waren in Bewegung. Wie viele tausend Ki-
lometer Band vertilgten diese Leute wohl im Jahr? Bor nahm
Platz, ohne darauf zu warten, daß man ihn dazu aufforderte, rückte seinen
Stuhl näher an die Maschine heran und wiederhol-
te.
»Natürlich. Ich bin Dr. Arkady Borboratschwili, technischer Be-
rater des Projekts Vulcan, und dies ist der dritte Januar um circa vierzehn
Uhr fünfzig hawaiianischer Zeit.«
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