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schwarzen Trauben an der Decke, und s i e schwärzen die
Wände; sie schieben sich zwischen die Lichter und meine
Augen, und ihre Schatten verdecken mir dein Gesicht.
OREST : Die Fliegen...
ELEKTRA: Hör!... Hör das Geräusch ihrer Flügel wie das Summen
einer Schmiede. Sie umzingeln uns, Orest. Sie belauern uns;
gleich werden sie sich auf uns stürzen, und ich werde tausend
klebrige Beine an meinem Körper spüren. Wohin fliehen,
Orest? Sie schwellen, sie schwellen, jetzt sind sie schon so groß
wie Bienen, in dichten Schwärmen werden sie uns überall hin
folgen. Entsetzlich ! Ich sehe ihre Augen, ihre Millionen Augen,
die uns belauern.
OREST : Was kümmern uns die Fliegen ?
ELEKTRA: Es sind die Erinnyen, Orest, die Göttinnen der Reue.
STIMMEN HINTER DER TÜR: Aufmachen! Aufmachen! Wenn sie
nicht aufmachen, müssen wir die Tür einschlagen. Dumpfe
Schläge gegen die Tür.
OREST : Klytämnestras Schreie haben die Wachen herbeigerufen.
Komm! Führ mich ins Heiligtum Apolls; dort werden wir in
Sicherheit vor den Menschen und den Fliegen die Nacht
verbringen. Morgen werde ich zu meinem Volk sprechen.
Vorhang
DRITTER AKT
ERSTE SZENE
Der Apollotempel. Halbdunkel. Eine Apollostatue in der Mitte der
Bühne. Elektra und Orest schlafen zu Füßen der Statue, die Arme
um deren Beine geschlungen. Die Erinnyen stehen im Kreis um sie
herum; sie schlafen stehend wie Stelzvögel. Im Hintergrund eine
schwere Bronzetür.
ERSTE ERINNYE streckt sich: Haaah! Ich habe im Stehen
geschlafen, ganz gerade vor Wut, ich habe ungeheure
Zornesträume gehabt, schöne Blume der Wut, schöne rote
Blume in meinem Herzen. Sie streicht um Orest und Elektra
herum. Sie schlafen. Wie weiß sie sind, wie zart sie sind! Ich
werde mich über ihren Bauch und über ihre Brust wälzen wie
ein Sturzbach über die Kiesel. Ich werde dieses feine Fleisch
geduldig polieren, ich werde es schleifen, ich werde es
abschaben, ich werde es bis auf die Knochen abnagen. Sie
macht einige Schritte. O reiner Morgen des Hasses! Was für
ein prächtiges Erwachen: Sie schlafen, sie sind feucht, sie
riechen nach Fieber; ich aber bin wach, frisch und hart,
meine Seele ist aus Kupfer -und ich fühle mich heilig.
ELEKTRA im Schlaf: Aaach!
ERSTE ERINNYE : Sie stöhnt. Geduld, bald wirst du unsere Bisse
kennenlernen, aufheulen wirst du unter unseren
Liebkosungen. Ich werde in dich eindringen wie ein Mann in
ein Weib, denn du bist meine Gemahlin, und du wirst das
Gewicht meiner Liebe zu spüren bekommen. Schön bist du,
Elektra, schöner als ich; aber du wirst sehen, meine Küsse
machen alt; in nicht einmal sechs Monaten wirst du
gebrochen sein wie eine alte Frau, und ich werde jung
bleiben. Sie beugt sich über die beiden.
Verderbliche und appetitliche schöne Beute; ich sehe sie an, ich
sauge ihren Atem ein, und die Wut erstickt mich. Welche
Wonne, den frühen Morgen des Hasses zu spüren, welche
Wonne, mit Feuer in den Adern die eigenen Krallen und Kiefer
zu spüren. Der Haß überschwemmt mich und verschlägt mir den
Atem, er steigt wie Milch in meine Brüste. Wacht auf, meine
Schwestern, wacht auf; es ist Morgen.
ZWEITE ERINNYE : Ich habe geträumt, daß ich zubiß.
ERSTE ERINNYE : Geduld: Heute werden sie von einem Gott
beschützt, aber Hunger und Durst werden sie bald aus dieser
Zuflucht heraustreiben. Dann kannst du sie mit allen Zähnen
beißen.
DRITTE ERINNYE: Haaah! Ich will kratzen.
ERSTE ERINNYE : Warte nur ein bißchen, bald werden deine
eisernen Nägel tausend rote Pfade ins Fleisch der Frevler
zeichnen. Kommt näher, meine Schwestern, seht sie euch an.
EINE ERINNYE : Wie jung sie sind!
EINE ANDERE ERINNYE : Wie schön sie sind!
ERSTE ERINNYE : Freut euch: Allzuoft sind die Verbrecher alt und
häßlich; die köstliche Freude, zu zerstören, was schön ist, ist nur
allzuselten.
DIE ERINNYEN: Hejah! Hejahah!
DRITTE ERINNYE: Orest ist fast ein Kind. Mein Haß wird für ihn
von mütterlicher Zärtlichkeit sein. Ich werde seinen bleichen
Kopf auf meine Knie nehmen, ich werde sein Haar streicheln.
ERSTE ERINNYE: Und dann?
DRITTE ERINNYE : Und dann werde ich mit einem Stoß diese
beiden Finger hier in seine Augen bohren. Sie fangen alle an zu
lachen.
ERSTE ERINNYE: Sie seufzen, sie bewegen sich; ihr Erwachen ist
nahe. Los, meine Schwestern, meine Schwestern Fliegen, reißen
wir mit unserem Gesang die Frevler aus dem Schlummer.
CHOR DER ERINNYEN : Bss, bss, bss, bss.
Wir setzen uns auf dein verfaultes Herz wie Fliegen auf ein
Stück Brot.
Verfaultes Herz, blutiges Herz, köstliches Herz.
Wir sammeln wie Bienen den Eiter und die Jauche deines
Herzens.
Wir machen Honig daraus, du wirst sehen, schönen grünen
Honig.
Welche Liebe könnte uns so beglücken wie der Haß ?
Bss, bss, bss, bss.
Wir sind die starren Augen der Häuser.
Das Knurren der Bulldogge, die die Zähne fletscht, wenn du
vorbeigehst.
Das Brummen, das über deinem Kopf am Himmel fliegt.
Das Rauschen des Waldes.
Das Pfeifen, das Knacken, das Zischen, das Heulen.
Wir sind die Nacht.
Die dichte Nacht deiner Seele.
Bss, bss, bss, bss.
Hejah!Hejah!Hejahah!
Bss, bss, bss, bss.
Wir sind die Eitersauger, die Fliegen.
Wir teilen alles mit dir,
wir holen die Nahrung aus deinem Mund und den Lichtstrahl
aus der Tiefe deiner Augen.
Wir begleiten dich bis zum Grab.
Und weichen nur den Würmern.
Bss, bss, bss, bss. Sie tanzen.
ELEKTRA wacht auf: Wer spricht? Wer seid ihr?
DIE ERINNYEN : Bss, bss, bss, bss.
ELEKTRA: Ach! Da seid ihr. Was ist? Haben wir sie wirklich
umgebracht ?
OREST wacht auf: Elektra!
ELEKTRA: Wer bist du denn? Ach! Du bist Orest. Verschwinde !
OREST : Was hast du denn ?
ELEKTRA : Du machst mir angst. Ich habe geträumt, daß unsere
Mutter auf den Rücken fiel und blutete, und ihr Blut floß in
Rinnsalen unter allen Türen des Palasts hindurch. Faß meine
Hände an, sie sind kalt. Nein, laß mich. Faß mich nicht an. Hat
sie stark geblutet?
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